Schritte in die Psychotherapie
Eine Psychotherapie kann Personen mit organisierten sexualisierten und rituellen Gewalterfahrungen helfen, mögliche Traumafolgesymptome zu lindern und den Ausstieg zu bewerkstelligen. Für viele Betroffene ist es schwer, eine geeignete psychotherapeutische Unterstützung zu finden. Der folgende Text gibt Hinweise, was bei der Suche hilfreich sein kann.
Die Suche nach einem Psychotherapieplatz
Zunächst sollten sich Betroffene bei ihrer Krankenkasse über die Bedingungen informieren, nach denen ihnen die Kosten für eine Psychotherapie erstattet werden. Wenn sie gesetzlich versichert sind, können sie in der Regel Psychotherapeut:innen mit einer Kassenzulassung kontaktieren. Bei privaten Krankenversicherungen gibt es teilweise unterschiedliche Regelungen.
Für alle gilt: Wer einen Termin bei eine:r Psychotherapeut:in vereinbaren will, braucht keine Überweisung, sondern kann sich direkt an die psychotherapeutische Praxis oder Ambulanz wenden. Die Kontaktdaten von möglichen Psychotherapeut:innen in der Umgebung und/oder mit bestimmten Behandlungsverfahren können auf verschiedenen Wegen recherchiert werden. Online-Portale sind hier eine besonders hilfreiche Unterstützung:
Viele Betroffene berichten zudem, dass ihnen Freund:innen oder Bekannte geeignete Psychotherapeut:innen empfohlen haben. Es kann hilfreich sein, Personen anzusprechen, die in psychotherapeutischer Behandlung sind oder waren. Von anderen etwas darüber zu hören, ist oftmals für den eigenen Weg in die Therapie sehr unterstützend. Auch in Betroffenennetzwerken, wie beispielsweise Selbsthilfeanlaufstellen oder -angeboten, tauschen sich Betroffene über ihre Erfahrungen aus.
Therapieantrag
Wenn sich Klient:in und Psychotherapeut:in einig sind, dass sowohl das therapeutische Verfahren als auch die „Chemie“ zwischen beiden Personen passend sind, kann im Anschluss an die probatorischen Sitzungen eine Kostenübernahme der Psychotherapie durch die Krankenkasse beantragt werden. Die Diagnose einer psychischen Erkrankung und der Konsiliarbericht sind wichtig für diesen Antrag. Beides wird an die Krankenkasse geschickt. Je nach beantragtem Stundenkontingent kann es erforderlich sein, dass der:die Psychotherapeut:in zusätzlich einen ausführlichen Bericht schreibt. Dieser enthält Informationen über mögliche Ursachen der psychischen Erkrankung sowie die Ziele der angestrebten Therapie und Methoden, wie diese Ziele erreicht werden sollen. Der Bericht wird ohne Angabe von persönlichen Daten in einem verschlossenen Umschlag über die Krankenkasse an eine:n Gutachter:in weitergeleitet. Die Gutachter:innen können somit keine Person identifizieren. Es kann vorkommen, dass die Krankenkasse zunächst nicht das volle Maß der beantragten Therapiestunden bewilligt. In der Regel gibt es jedoch die Möglichkeit, im Verlauf der Therapie eine Verlängerung zu beantragen.
Konsiliarbericht
Während oder nach den probatorischen Sitzungen beziehungsweise vor Beginn der eigentlichen Psychotherapie müssen die Klient:innen eine Hausarztpraxis aufsuchen. Ziel ist abzuklären, ob körperliche Erkrankungen vorliegen, die möglicherweise (mit-)verantwortlich für Symptome sind. Die Hausärzt:innen erstellen einen Konsiliarbericht. Darin informieren sie die Psychotherapeut:innen unter anderem über vorliegende Diagnosen und Befunde sowie medizinische Behandlungen und gegebenenfalls auch Kontraindikationen für die Durchführung einer psychotherapeutischen Behandlung.
Die Psychotherapeut:innen benötigen den Konsiliarbericht, um die psychotherapeutische Behandlung bei der Krankenkasse zu beantragen.
Probatorische Sitzungen
Eine psychotherapeutische Behandlung beginnt mit zwei bis fünf probatorischen Sitzungen. Probatorische Sitzungen sind „Probesitzungen“. Sie gehen der eigentlichen Therapie voraus und bereiten diese vor. Vor allem sollen sich die Therapeut:innen und Klient:innen besser kennenlernen und gemeinsam feststellen, ob sie zueinander passen. Anders gesagt: Die Klient:innen sollen sich gut aufgehoben fühlen, damit die Therapie erfolgreich sein kann. Fragen, die sich Klient:innen stellen können, sind zum Beispiel: Habe ich das Gefühl, dass der:die Therapeut:in sich Zeit für mein Anliegen nimmt? Habe ich das Gefühl, von dem:der Therapeut:in verstanden zu werden? Kann ich mir vorstellen, mit dem:der Therapeut:in langfristig zusammenzuarbeiten?
Auch die Therapeut:innen klären für sich, ob die Zusammenarbeit gelingen kann. Während der probatorischen Sitzungen erfahren sie mehr über die zugrundeliegende Problematik und die Lebenssituation der Klient:innen. Bei Bedarf können sie weitere Diagnostik durchführen und vor diesem Hintergrund prüfen, ob die vorhandenen therapeutischen Möglichkeiten für die Behandlung geeignet sind. Wenn ja, dann erstellen sie einen entsprechenden Behandlungsplan. Sind die Klient:innen mit diesem Plan einverstanden, können die Therapeut:innen die Behandlung bei der Krankenkasse beantragen.
Hilfe bei psychischen Krisen ohne Psychotherapeut:in
Viele betroffene Personen berichten, dass die Suche nach einem Psychotherapieplatz mühsam, anstrengend und langwierig ist. Im akuten Notfall gibt es die Möglichkeit, sich in der jeweils zuständigen Akutpsychiatrie Unterstützung zu holen.
Zudem gibt es weitere Hilfsangebote, die keine Therapie ersetzen können, aber in Krisensituationen Hilfe anbieten.