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Kostenlose Beratung bei organisierter sexualisierter und ritueller Gewalt

Jenseits von Leugnung und Verdrängung

In der Diskurstradition um organisierte und rituelle Gewalt sind abnormale Beziehungsformen zentral, wie die innerhalb satanischer Kulte und Tatpersonennetzwerke. Allerdings geht aus den Berichten der Betroffenen hervor, dass die heterosexuelle Familie die Hauptrolle in der Organisation und der Geheimhaltung der Gewalt außerhalb der Familie einnimmt (Itzen, 1997; Lorena & Levy, 1998). Kinder werden zum Teil ab dem Zeitpunkt ihrer Geburt auf die sexuelle Ausbeutung vorbereitet. Rituelle Tatpersonengruppen bestehen meist aus mehreren erweiterten Familiennetzwerken, die ihre Kinder untereinander und mit anderen Familiennetzwerken tauschen (Bentovim & Tranter, 1994).

Um sich organisierter und ritueller Gewalt zu stellen, bedarf es eines erweiterten Blickwinkels auf sexualisierte Gewalt, der Aspekte von sexueller Ausbeutung, Menschenhandel und ritueller Gewalt miteinbezieht. Netzwerke des Menschenhandels in Afrika werden als verschworen, geheim und rituell/kultisch bezeichnet (IOM, 2005, S. 83). Sie gleichen stark den Beschreibungen ritueller Gruppen im Westen als „Geheimgesellschaften“, in denen „viele unterschiedliche kriminelle Organisationen unentdeckt aktiv sind und zusammenarbeiten“ (IOM, 2001, S. 2108). In allen Ländern lässt sich eine Mittäter:innenschaft der Familie an außerfamiliär stattfindender Gewalt beobachten, beispielsweise durch Täterinnen, die ihre Kinder in Tatpersonen-Netzwerke hineinführen und -erziehen (Finkelhor & Williams, 1988; Itzen, 1997; Pearson, 2003). Weitere gemeinsame Merkmale ritueller Gewalt in verschiedenen Kulturen umfassen beispielsweise das Einsperren der betroffenen Personen, Kirchen und heilige Orte als Stätten der Gewalt, Tieropfer, das Zufügen ritueller Narben und Verbrennungen, Folter oder den Zwang bestimmte tabuisierte Substanzen wie Blut zu sich zu nehmen (Somerset, 2001; di Cortemiglia, 2003; Zimmerman et al., 2003; Aghatise, 2004; Amnesty International UK, 2006; Houreld, 2006). Auf der Seite der Betroffenen stellt sich meist starke Angst, Schweigen und Gehorsam in Reaktion auf rituelle Gewalt in entwickelten und Entwicklungsländern ein (Kelly, 2003; Aghatise, 2004).

Zusammengenommen sprechen Befunde aus aller Welt dafür, dass rituelle Gewaltformen dem Menschenhandel mit Kindern und der organisierten sexuellen Ausbeutung innewohnen. Die genaue Rolle, die das Rituelle hierbei spielt, ist noch zu ergründen. Rituelle Gewalt lässt sich nicht vollständig durch den Fokus auf Paraphilien, das Rituelle oder die Profitorientierung erklären, sodass neue integrative Modelle nötig sind. Die Herausforderung des 21. Jahrhunderts ist es, hinter die bizarre Fassade ritueller Tatpersonengruppen zu blicken, um die brutale Ausbeutung und die Finanzflüsse aufzudecken, die den Handel mit den Körpern von Kindern und Frauen in der westlichen Welt antreiben.