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Diskussion

Die aktuelle Studie legt nahe, dass partizipative Aktionsforschung Betroffene von ORG stärken und das Gefühl der Ohnmacht bekämpfen kann. Die Autor:innen halten dies für besonders relevant für Betroffene, die bei der Suche nach Hilfe mit Unglauben und Vorurteilen konfrontiert sind. Die involvierten Forscherinnen konnten eine kritische Perspektive einnehmen, indem sie sich an der Forschung beteiligten und den Prozess des Forschens reflektierten. Die Forscherinnen waren sich der Ermächtigung bewusst, die sich aus dem Wechsel der Position von Probandin hin zur Forscherin ergab.

Um Objektivität zu gewährleisten, durchliefen die Forscherinnen einen Selbstreflexionsprozess, der den Forschungsprozess und den Einfluss der Forscherinnen auf diesen umfasste. Das Thema Macht war beispielsweise eine ständige Herausforderung. Dies musste den Forscherinnen erst verdeutlicht werden. Hier kam es der Studienleiterin zu, sicherzustellen, dass der Fokus auf der ursprünglichen Forschungsfrage verblieb und keine anderen Forschungsinteressen in den Vordergrund rückten. Um dieses Dilemma zu bewältigen, versuchte die Studienleiterin die sich verändernde Beziehung zwischen Forscherinnen und Teilnehmenden im Verlauf deutlich zu machen. Die Position der Studienleiterin war von zentraler Bedeutung für den Forschungsprozess und wurde von jener als komplex erfahren. Diskussionen zwischen der Studienleiterin und den Forscherinnen zeigten zunehmend die unterschiedlichen Ziele der Forscherinnen. Diese Studie zeigt, dass sich Betroffene von ORG als eine Gruppe mit gemeinsamen Erfahrungen bei der Suche nach Hilfe identifizierten, die auch die Fähigkeit hatten, als Forscherinnen zusammenzuarbeiten. Einige Forscherinnen gaben an, bedeutsame Veränderungen im Leben erreicht zu haben. Partizipative Aktionsforschung scheint also ein befähigender Prozess gewesen zu sein, bei dem Betroffene Veränderungen in der Wahrnehmung ihrer Selbst, neue Kenntnisse und Fähigkeiten und die Erlangung eines Gefühls von Stärke durch die Durchführung von Forschung berichteten. Den Betroffenen wurde es als solche durch die partizipative Aktionsforschung ermöglicht, Akteure in ihrem eigenen Leben und im Leben anderer zu werden, indem sie beispielsweise die Existenz von ORG hervorhoben, indem sie verstehen konnten, wie sich Betroffene definieren können, indem sie dafür sensibilisieren konnten, wie Betroffene bei der Suche nach Hilfe Unglauben von Fachleuten erfahren, und indem sie die Forschungsgemeinschaft herausfordern konnten, unterschiedliche Formen der Untersuchung und des Wissens zu berücksichtigen.

In der vorliegenden Studie definierten die Teilnehmenden sich durch ihre Erfahrungen selbst als von ORG betroffen. Zudem berichteten die meisten Forscherinnen und einige Teilnehmende von Diagnosen schwerer psychischen Störungen. Die generelle Übertragbarkeit der hier beschriebenen Ergebnisse auf alle Betroffenen von ORG ist eingeschränkt, da die Teilnehmenden ausschließlich über eine Hilfe-Hotline rekrutiert wurden. Da die zwölf Forscherinnen und die 22 Teilnehmerinnen der Interviews weiblich waren, ist auch unklar, ob die berichteten Ergebnisse auf die Einstellungen von männlichen Betroffenen übertragbar sind. Zu den wichtigsten Herausforderungen der Studie gehörten die Aushandlung der (a) Forschungsfrage und des Forschungsdesigns, (b) konkurrierenden und persönlich spezifischen, eigenwilligen Aktionsabsichten, (c) Grenzen der Vertraulichkeit, (d) Interpretation der Ergebnisse, (e) Kommunalpolitik und (f) Unterschiede in den Prioritäten zwischen Forschenden und Teilnehmenden, welche den Forschungsprozess erschweren können.