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Kostenlose Beratung bei organisierter sexualisierter und ritueller Gewalt

Das Ergänzende Hilfesystem (EHS) mit dem Fonds Sexueller Missbrauch

Im Jahr 2013 hat die deutsche Bundesregierung das Ergänzende Hilfesystem (EHS) als Unterstützung für Personen eingerichtet, die als Kind oder Jugendliche:r in Deutschland sexualisierte Gewalt erlebt haben. Zeitliche Voraussetzung ist, dass die Taten vor dem 30. Juni 2013 stattgefunden haben. (An diesem Tag trat das Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs – StORMG – in Kraft.)

Das EHS besteht aus dem „Fonds Sexueller Missbrauch im familiären Bereich“ und dem „EHS-Institutioneller Bereich“. Die Antragsverfahren sind unterschiedlich. Der „Fonds Sexueller Missbrauch im familiären Bereich“ wird finanziert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Die Leistungen aus dem „EHS-Institutioneller Bereich“ werden bei den Institutionen beantragt, die sich am EHS beteiligen. Diese entscheiden auch über die Bewilligung. Auf der Webseite des EHS (www.fonds-missbrauch.de) sind ausführliche Informationen und Antragsunterlagen für beide Verfahren zu finden. Wichtig zu wissen ist, dass der familiäre Bereich sehr weit gefasst ist. Auch sexualisierte Gewalt durch andere (nicht zur Familie gehörende) Personen kann zu diesem Bereich gehören, sofern die antragstellende Person ihnen entweder direkt durch Personen aus dem familiären Bereich oder mit deren Beteiligung, Wissen und Wollen zugeführt wurde.

Ziel des EHS ist, andauernde Belastungen als Folge sexualisierter Gewalt in Kindheit und/oder Jugend zu mindern. Betroffene können Sachleistungen bis zu einer Höhe von 10.000€ sowie einen behinderungsbedingten Mehraufwand bis zu einer Höhe von 5.000€ beantragen. Antragsberechtigt sind Personen, die als Minderjährige sexualisierte Gewalt im familiären oder institutionellen Bereich erlebt haben. Eine weitere Voraussetzung für die Bewilligung von Sachleistungen ist ein nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen den Folgen der erlebten sexualisierten Gewalt und den beantragten Sachleistungen: Diese sollen dazu geeignet sein, die Folgen des Missbrauchs zumindest zu mindern, was die Antragstellenden entsprechend im Antrag darlegen müssen.

Sachleistungen, die Betroffene beim EHS beantragen können, sind zum Beispiel Kosten für Psychotherapie nach Richtlinienverfahren oder andere therapeutische Hilfen wie Tanztherapie, Tiergestützte Therapie oder Kunsttherapie. Wenn alle Voraussetzungen vorliegen, werden auch medizinische Dienstleistungen und Hilfsmittel, Maßnahmen zur individuellen Aufarbeitung des Erlebten, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen oder auch Maßnahmen zur Beratung, Betreuung und Begleitung bewilligt. Letzteres kann zum Beispiel auch ein Assistenzhund sein.

Ein Rechtsanspruch auf die beantragten Sachleistungen besteht nicht. Der Fonds kommt nachrangig in den Fällen zur Anwendung, in denen die antragstellende Person Hilfeleistungen nicht durch das bestehende Netz sozialrechtlicher Versorgungssysteme gemäß ihren Bedürfnissen erhält. Sozialrechtliche Versorgungssysteme sind private und gesetzliche Krankenkassen, Unfallversicherungen, Versorgungsämter (zuständig für Anträge nach dem Opferentschädigungsgesetz), die Deutsche Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit. Die Kosten für die beantragten Leistungen dürfen also nicht durch andere Stellen abgedeckt werden. Um ein Beispiel zu geben: Die Kosten für eine Psychotherapie oder andere therapeutische Verfahren werden vom EHS nur dann übernommen, wenn die Krankenkasse diese nicht oder nicht weiter bewilligt. Zivilrechtliche Ansprüche gegen die Tatperson(nen) haben dagegen keinen Vorrang vor den Leistungen des Fonds. Sie müssen nicht zuvor geltend gemacht oder durchgesetzt worden sein.