Skip to main content
Hilfe-Telefon berta 0800 30 50 750
Kostenlose Beratung bei organisierter sexualisierter und ritueller Gewalt

Das Opferentschädigungsgesetz

Das Opferentschädigungsgesetz (OEG) ist ein deutsches Bundesgesetz im Bereich des sozialen Entschädigungsrechts. Personen, die durch eine vorsätzliche und rechtswidrige Gewalttat eine gesundheitliche Beeinträchtigung erlitten haben, können nach dem OEG einen Antrag auf Entschädigungsleistungen durch den Staat stellen. Der Leitgedanke des OEG ist die Verantwortung des Staates, seine Bürger:innen vor Schädigungen durch Gewalttaten zu schützen. Wenn der Staat dieser Verantwortung nicht nachkommen konnte, sollen gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen bei den Betroffenen ausgeglichen werden. Am 7. November 2019 hat der Bundestag ein neues soziales Entschädigungsrecht beschlossen. Wesentliche Veränderungen für Betroffene sexualisierter Gewalt hat die „Bundeskoordinierung Spezialisierter Fachberatung (BKSF)“ in einer Kurzinfo auf ihrer Website zusammengefasst – zu finden unter https://www.bundeskoordinierung.de/de/article/231.ser-im-bundestag-verabschiedet.html. Da die Neufassung überwiegend erst im Januar 2024 in Kraft tritt, gilt bis dahin die aktuelle Gesetzeslage. Diese stellt sich wie folgt dar:

Anspruchsberechtigt beim OEG sind sowohl die von Gewalt betroffenen Menschen selbst als auch ihre Hinterbliebenen (Witwe:r, Waisen, Eltern). Der Geltungsbereich des OEG umfasst Taten, die nach dem 15. Mai 1976 und somit nach dem erstmaligen Inkrafttreten des Gesetzes begangen wurden. Für Taten auf dem Gebiet der ehemaligen DDR gilt das Gesetz ab dem 3. Oktober 1990. Für Personen, die in der Zeit vom 23. Mai 1949 bis zum 15. Mai 1976 beziehungsweise im Gebiet der ehemaligen DDR vor dem 3. Oktober 1990 eine Gewalttat erlebt haben, ist eine Härteregelung vorgesehen. Das heißt: Bei besonders schweren gesundheitlichen Folgen kann auch hier im Einzelfall eine Versorgung zugesprochen werden.

Eine strafrechtliche Verurteilung der Tatpersonen ist nicht erforderlich. Die Geschädigten sind jedoch in der Pflicht, das ihnen Mögliche zur Aufklärung des Sachverhalts zu unternehmen und zur Verfolgung der Tatperson(en) beizutragen ‒ sprich eine Strafanzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft zu erstatten. Sonst können Leistungen verwehrt werden. Doch es gibt Ausnahmen: Bei besonders belastenden Fällen von sexualisierter Gewalt kann auf eine Strafanzeige verzichtet werden. Dazu gehört in der Regel auch sexueller Kindesmissbrauch.

Zu den Leistungen, die nach dem OEG beantragt werden können, gehören Heilbehandlungs-, Renten-, Rehabilitations- und Fürsorgeleistungen. Der Leistungsumfang ist zum Teil größer als der einer gesetzlichen Krankenversicherung. Welche Leistungen jeweils infrage kommen, hängt von den konkreten Folgen ab, unter denen die Antragstellenden leiden. Auch psychische Gesundheitsschäden fallen unter das OEG. Der Beginn der Versorgungsleistungen hängt vom Zeitpunkt der Antragstellung ab. Daher empfiehlt es sich, den Antrag möglichst schnell zu stellen und den Ausgang eines möglichen Ermittlungs- oder Strafverfahrens nicht abzuwarten.

Die Antragstellung nach dem OEG kann insbesondere bei sexualisierten Gewalterfahrungen sehr belastend sein. Das gilt umso mehr für Betroffene organisierter sexualisierter und ritueller Gewalt: Sowohl der Nachweis der Taten als auch Zusammenhänge zwischen Taten und gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind oftmals nur schwer zu erbringen. Zudem führt die Diagnose einer Dissoziativen Identitätsstörung (DIS) häufig zu grundsätzlichen Zweifeln an der Glaubhaftigkeit betroffener Personen (1).

Sowohl Fachberatungsstellen als auch Jurist:innen unterstützen Betroffene und Hinterbliebene bei der Antragstellung und bieten ihnen im Vorweg umfangreiche Informationen. Das kann sehr hilfreich sein, wenn Unsicherheiten hinsichtlich des Verfahrens und damit möglicherweise einhergehender Belastungen bestehen. Für eine solche fachkundige Unterstützung können Personen mit einem geringen Einkommen beim Amtsgericht Prozesskostenhilfe beantragen.

Auf der Website des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ist unter dem folgenden Link ein Erklär-Video zu Fürsorgeleistungen in der sozialen Entschädigung zu finden: https://www.bmas.de/SharedDocs/Videos/DE/Artikel/Soziale-Sicherung/kov-soziales-entschaedigungsrecht-erklaerfilm-2012-08-28.html