Verjährungsfristen im Kontext von Strafverfahren
Ist eine Tat im strafrechtlichen Sinne verjährt, kann sie nicht mehr verfolgt werden. Verjährungsfristen stellen daher eine besondere Hürde bei der strafrechtlichen Aufarbeitung dar. Gerade im Bereich der sexualisierten Gewalt ist es Betroffenen oft erst nach vielen Jahren möglich, sich der Vergangenheit zu stellen und die Kraft für ein Strafverfahren aufzubringen. Geschah die Gewalt im Kontext organisierter sexualisierter und ritueller Strukturen, ist es für die Betroffenen erfahrungsgemäß noch schwerer.
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Vor diesem Hintergrund wurden mit diversen Gesetzesänderungen die Verjährungsfristen nach §§ 78 ff. StGB speziell im Sexualstrafrecht immer weiter ausgedehnt. Das betrifft sowohl deren Beginn als auch deren Länge. Für Straftaten aus dem Bereich des sexuellen Kindesmissbrauchs kommen Verjährungsfristen zwischen fünf und 20 Jahren (bei Missbrauch mit Todesfolge 30 Jahre) in Betracht.
Für gewöhnlich beginnt im Strafrecht die Verjährung mit der Beendigung der Tat. Eine Ausnahme stellt seit der Gesetzesänderung vom Januar 2015 der Beginn der Verjährung von schweren Sexualstraftaten dar. Hier ruht die Verjährung bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres der betroffenen Person (§ 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB). Dies gilt auch für Taten, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung begangen wurden, sofern sie zum Zeitpunkt der Anklage noch nicht nach der alten Rechtslage verjährt waren. Im deutschen Recht kann für eine bereits verjährte Tat die Verjährungsfrist nicht mehr rückwirkend aufgehoben werden.
Die rechtsverbindliche Ermittlung der jeweiligen Verjährungsfrist ist nur im Einzelfall möglich. Die Entscheidung trifft die jeweilige Staatsanwaltschaft oder das Strafgericht. Um den Erfolg einer Anzeige von zurückliegenden Delikten besser abschätzen zu können, ist eine sorgfältige Einzelfallprüfung mit juristischer Unterstützung notwendig.