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Kostenlose Beratung bei organisierter sexualisierter und ritueller Gewalt

Verbale Hinweise bei betroffenen Kindern und Jugendlichen

Typischerweise handeln einzelne Tatpersonen und auch Tatpersonengruppen verdeckt – das heißt: ohne dass andere Menschen dabei sind und die sexualisierte Gewalt bezeugen können. Zudem üben sie auf die betroffenen Kinder und Jugendlichen (Geheimhaltungs-)Druck aus, damit diese nicht über die Gewalt sprechen und sich anderen Menschen anvertrauen. Eine Betroffene schildert die Wirksamkeit von Schweigegeboten und ihren gleichzeitigen Wunsch nach Offenbarung als Kind, das organisierte und rituelle Gewalt erlebt hat:

„Nach der Schule habe ich meine Lehrer:innen gefragt, ob sie mich mit zu ihnen nach Hause nehmen können oder sie gebeten, mich zu adoptieren. Ich habe damit versucht, auf die Probleme zu Hause aufmerksam zu machen. Dahinter hat für mich auch der Wunsch gestanden, dass sie die richtigen Nachfragen stellen. Aus Eigeninitiative hätte ich mich damals nicht offenbaren können.“

Zitat einer anonymen Betroffenen, die ihre Erfahrungen mit den Autor:innen der Website teilte

Für die meisten Betroffenen ist es schwer, ihre Gewalterfahrungen zu offenbaren. Umso wichtiger ist es, ihre verbalen Hinweise als solche wahrzunehmen und auf sie zu reagieren. In vielen Fällen sind die Offenbarungen Betroffener ausschlaggebend für eine Vermutung, die am Ende zur Aufdeckung der Gewalt führen kann.

Besonders jüngere Kinder im Vorschulalter „plappern“ grenzverletzendes Verhalten Erwachsener oft von selbst aus (9). Ihre Äußerungen und Erzählungen werden aber nicht immer als Hinweise auf sexualisierte Gewalt verstanden. Ein Grund hierfür kann zum Beispiel sein, dass den Kindern die Worte für das Erlebte fehlen oder sie beim Erzählen Begrifflichkeiten der Tatpersonen nutzen. Beispielsweise können Tatpersonen andere Begriffe für die Geschlechtsteile verwenden, etwa „Lolli“ statt Penis. Falls Kinder diese Formulierungen wiederholen, wenn sie von der Situation berichten, kann es für Helfende schwer sein, zu verstehen, was wirklich passiert ist. In Fällen organisierter sexualisierter und ritueller Gewalt ist zudem stets die starke Wirksamkeit von Schweigegeboten und eine mögliche dissoziative Identitätsstruktur bei den Betroffenen zu beachten (10).

Ältere Kinder und Jugendliche deuten Erlebnisse sexualisierter Gewalt eher an und testen aus, wie das Gegenüber darauf reagiert (8, 9). Um eine etwaige Vermutung zu bestätigen, ist es also essenziell, mit den Kindern und Jugendlichen ins Gespräch zu gehen (3,11). Wenn ein Fall sexualisierter Gewalt nachgewiesen wird, heißt es häufig aus dem Umfeld, dass Hinweise und entsprechende Grenzverletzungen bereits vorher mit Irritation bemerkt wurden (11). Häufig scheuen sich Personen aus dem nahen Umfeld jedoch, eine Vermutung auf sexualisierte Gewalt zu äußern – beispielsweise aus Angst davor, die mutmaßliche Tatperson fälschlicherweise zu beschuldigen, oder aus Unsicherheit.