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Kostenlose Beratung bei organisierter sexualisierter und ritueller Gewalt

Dissoziative Identitätsstrukturen im Kontext von organisierter und ritueller Gewalt

Sexualisierte Gewalt in organisierten und rituellen Strukturen beginnt nach den Berichten Betroffener meist im frühen Kindesalter. Sehr häufig sollen Familienmitglieder in die Tatpersonengruppen involviert sein (10) – entweder dadurch, dass sie selbst aktiv an der Durchführung der Gewalt beteiligt sind oder weil sie die Kinder der Gruppierung ausliefern (11). Berichte von Betroffenen legen nahe, dass Tatpersonen im Kontext von organisierter sexualisierter und ritueller Gewalt das Phänomen der Dissoziation strategisch ausnutzen. Berichtet wird, dass sie durch die systematische Anwendung von Gewalt die Entstehung dissoziativer Persönlichkeitsanteile fördern. In anderen Worten: Die Tatpersonen würden wissen, wie Dissoziation funktioniert und setzten systematisch Gewalt ein, damit Persönlichkeitsanteile entstehen. Diese würden dann für die Zwecke der Tatpersonen trainiert, also zum Beispiel für sexuelle Ausbeutung und das Einhalten von Schweigegeboten (11). Zudem berichten Betroffene wie Fachkräfte, dass Tatpersonen im Kontext organisierter sexualisierter und ritueller Gewalt auch dissoziative Persönlichkeitsanteile ideologisch indoktrinieren. Das heißt: Die Tatpersonen vermitteln einzelnen Persönlichkeitsanteilen bestimmte Überzeugungen und Weltanschauungen, nach denen die erlebte Gewalt legitim sei und einem höheren Zweck oder einer höheren Macht diene. Daneben existieren Persönlichkeitsanteile, die den Alltag bewältigen und an die Gewalt wenige oder keinerlei Erinnerungen haben. Dadurch ist es möglich, dass Betroffene im Alltag ein unauffälliges Leben führen, während sie parallel dazu in organisierten sexualisierten und rituellen Gewaltstrukturen sexuell ausgebeutet und in schwere Straftaten verwickelt werden. Berichten zufolge geht es häufig auch noch erwachsenen Betroffenen so, die bereits im Gesundheitssystem behandelt werden: Während manche Persönlichkeitsanteile zur Therapie gehen, erleben andere weiterhin Gewalt durch die Tatpersonen. Dies wird oft erst im Laufe einer Psychotherapie und mit zunehmender Kooperation von Persönlichkeitsanteilen, die diese Gewalt erleben, deutlich.

Praxiserfahrung zeigt, dass die Entstehung und Ausprägung der DIS bei Betroffenen je nach Kontext der Gewalt und Zugehörigkeit der Tatpersonen sehr unterschiedlich sein kann: So gehen Praktiker:innen davon aus, dass bei einigen Betroffenen dissoziative Persönlichkeitsanteile als spontane Bewältigungsreaktion in Gewaltsituationen entstanden sind. Bei anderen wiederum seien nahezu alle dissoziativen Persönlichkeitsanteile von Tatpersonen geplant hervorgebracht worden.