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Was ist Dissoziation und wodurch entsteht sie?

Der Begriff „Dissoziation“ heißt übersetzt „Auseinanderfallen“ und ist damit das Gegenteil von Assoziation („Verknüpfung“). Im Alltag verarbeiten und integrieren wir Sinneseindrücke im Gehirn. Das heißt: Wir bewerten, versprachlichen und verknüpfen – sprich assoziieren – sie mit bestehenden Erfahrungen. Das Spektrum an dissoziativen Zuständen ist breit und beginnt bei harmlosen Alltagserscheinungen, zum Beispiel wenn wir uns stark konzentrieren oder routinemäßig handeln etwa beim Autofahren (1). In traumatischen Situationen kann es durch die starke Stressreaktion zu dissoziativen Phänomenen kommen. Der Integrationsprozess setzt aus, um die traumatische Situation überstehen zu können: Was nicht aushaltbar ist, wird vom Bewusstsein abgespalten und erreicht als Sinneseindruck zwar das Gehirn, kann aber nicht in Worte gefasst, verstanden oder verarbeitet werden. Das traumatische Erlebnis ist somit abgespeichert, wird vom Gehirn jedoch nicht mit dem Rest des Ichs verknüpft. Es findet ein Auseinanderfallen psychischer Funktion statt: eine Dissoziation. Viele Menschen nutzen auch den Begriff „Abspaltung“. Betroffene beschreiben den Zustand der Dissoziation häufig so, als ob sie schmerzvolle Emotionen oder Körperempfindungen wie aus der Ferne wahrnehmen. Manche berichten auch, sie hätten sich in der Situation von außen oder weit entfernt, über den Dingen schwebend erlebt, als würden sie die Situation wie ein:e Beobachter:in verfolgen. Dissoziation ist damit etwas anderes als Verdrängung. Wenn eine Person traumatische Erinnerungen verdrängt, dann unterdrückt das Gehirn bereits versprachlichte Gedächtnisinhalte. Die Erinnerungen mögen im Moment zwar „undenkbar“ und unerwünscht sein, Betroffene könnten aber von ihnen berichten. Das heißt: Sie sind der sprachlichen Verarbeitung prinzipiell zugänglich. Dissoziation hingegen bezeichnet eine Desintegration (Abspaltung) und Fragmentierung (Zergliederung) von Erlebnissen, bevor eine Versprachlichung stattgefunden hat. Dissoziierte Gedächtnisinhalte sind daher nicht willentlich abrufbar. Je ausgeprägter dissoziative Symptome während und nach einer traumatischen Situation auftreten, desto wahrscheinlicher ist es, dass in der Folge eine Posttraumatische Belastungsstörung entsteht (2).